In den letzten Monaten treten vermehrt Mandanten an uns heran, die ihren ursprünglichen Internet-System-Vertrag ordnungsgemäß zum Vertragsablauf gekündigt haben, von Euroweb jedoch auf eine Verlängerung dieses Vertrages um mindestens zwei Jahre hingewiesen werden.
Hintergrund sind Telefonate und Besuche von Euroweb-Mitarbeitern nach der ausgesprochenen Kündigung, die mit kostenlosen „Angeboten“ locken. So wurde eine kostenlose Online-Redaktion versprochen, ein Google-Guthaben für einen lokalen Werbeeintrag oder einfach nur die Übertragung der Webseite auf eine CD.
Hierfür wird dem Kunden ein Formular vorgehalten, das auf den ursprünglichen Internet-System-Vertrag verweist und – wovon nie die Rede war – diesen um weitere zwei Jahre verlängert. Für viele Kunden der Euroweb Internet GmbH ist dies eine enorme finanzielle Belastung, die sie durch die Kündigung ja gerade abwenden wollten.
Rein rechtlich ist dieses Formular aus unserer Sicht kritisch zu sehen. Zwar wird in der Tat auf die Verlängerung des ursprünglichen Vertrages hingewiesen; jedoch war hiervon nie die Rede. Nach allgemeinrechtlichen Grundsätzen ist für das Zustandekommen eines Vertrages eine Willenserklärung des Kunden erforderlich, die gerade den Inhalt des Vertrages bestätigt. Hier ist aus unserer Sicht fraglich, ob in diesem Zusammenhang überhaupt ein Rechtsbindungswille des Kunden für eine Verlängerung seines ursprünglichen Vertrages vorliegt; dieser wollte schließlich seinen Vertrag kündigen!
Darüber hinaus ergeben sich in Einzelfällen Anhaltspunkte für das Vorliegen einer arglistigen Täuschung. Dies ist natürlich mit Vorsicht zu genießen, da die Anforderungen an deren Beweis relativ hoch sind.
Uns liegen auch Telefonmitschnitte vor, die jedoch ausschließlich die – für Euroweb wichtigen – Ausschnitte enthalten, aus denen sich eine Bestätigung des vorgelesenen Standardsatzes durch den Kunden ergibt. Dass es in diesen Telefonaten nach Angaben unserer Mandanten vorher ausschließlich um die Kündigung des Vertrages ging wird unterschlagen; vielmehr wird auf die Bestätigung verwiesen, die einen Verlängerungsvertrag begründen würde.
Für den Kunden kommt daher nur in Frage, den Vertrag weiterlaufen zu lassen oder die freie Kündigung auszusprechen. Hier darf er sich dann über einen Endabrechnung nach § 649 Satz 1 BGB für die restliche Vertragslaufzeit freuen. Diese Problematik haben wir bereits ausführlich besprochen.
Wie bereits berichtet wird Kunden der Euroweb Internet GmbH, die ihre ursprünglichen Verträge gekündigt haben bzw. kündigen wollen, - meist telefonisch – ein kostenloses Zusatzangebot unterbreitet. Hierbei handelt es sich vorwiegend um die sogenannte Euroweb Online-Redaktion oder um einen lokalen Werbeeintrag.
Wir haben eine Vielzahl von Mandanten, die hier zustimmten und sich dann überraschend einer Vertragsverlängerung ihres ursprünglichen Internet-System-Vertrages über mehrere Jahre ausgesetzt sahen. In diesem Zusammenhang mutet es auch seltsam an, dass die Mandanten alle das gleiche berichten: Nie war die Rede von einer Vertragsverlängerung, immer nur von einem kostenlosen Zusatzangebot.
Aber Vorsicht: Von dem jeweiligen Mitarbeiter wird dann ein in den meisten Fällen identischer Text vorgelesen, der auszugsweise wie folgt lautet: „…dass wir eine Vereinbarung treffen, die inhaltlich mit der vom (Datum des ursprünglichen Vertrages) unter Ihrer Vertragsnummer (Vertragsnummer) übereinstimmt und zusätzlich um das Produkt Euroweb Online Redaktion erweitert wird. Laufzeitbeginn ist das heutige Datum, der (Datum). Alle anderen ursprünglichen Vertragsbedingungen sind selbstverständlich unverändert. (…)“
Wer ahnt hier Böses? Das komplette Gespräch geht um die Online-Redaktion und eben nicht um eine Verlängerung des Vertrages. Anlass dieser Telefonate ist – jedenfalls in unseren Fällen – ja auch gerade die Kündigung des Kunden! Bezeichnend ist hier natürlich auch, dass Euroweb nur diesen Abschnitt aufzeichnet; der Inhalt des restlichen Gesprächs ist daher nur schwer nachweisbar.
Jedenfalls hat nun das AG Düsseldorf (Urteil vom 06.03.2012, Az. 58 C 9985/11) sowie in der Berufung das LG Düsseldorf (Beschluss vom 02.07.2012, Az. 21 S 108/12) dieses Vorgehen als rechtmäßig anerkannt. Der aufgezeichnete Telefonmitschnitt würde eindeutig ergeben, dass hier ein Verlängerungsvertrag vom Kunden gewollt und rechtswirksam abgeschlossen wurde.
Zu berücksichtigen ist jedoch bei dieser Entscheidung, dass der Telefonpartner des Euroweb-Kunden überhaupt nicht selbst vor Gericht erschien und so auch keine eigenen Angaben zu dem Verlauf des Telefonats machen konnte. Nur die von Euroweb als Zeugin benannte Mitarbeiterin konnte demnach das Telefonat wiedergeben. Es scheint daher zumindest ansatzweise nachvollziehbar, dass das Gericht die Beweiswürdigung eher auf die mündliche Zeugin bezog und sich nicht durch rein schriftliche Mitteilungen beeinflussen lies.
Es bleibt daher in Zukunft abzuwarten, wie andere Gerichte bei nachvollziehbarem und möglicherweise beweisbarem Vortrag entscheiden werden. Wir werden jedenfalls in diesen Fällen alle unsere betroffenen Mandanten mobilisieren und als Zeugen benennen. Dennoch bleibt nur darauf hinzuweisen, dass mündliche Absprachen – nicht nur in Sachen Euroweb – immer Gefahrpotenzial bergen.
Am besten ist, man weigert sich telefonische Verträge abzuschließen und lässt sich ein schriftliches Angebot zukommen. Unternehmen, denen etwas an ihren Kunden gelegen ist, dürften mit einem solchen Vorgehen keinerlei Probleme haben.
Rechtsanwalt Alexander Otterbach - Freiburg - Neuenburg/Müllheim